Schön war Interface I

So sah es bei der ersten Ausgabe von Interface aus:


Die Mentoren:




    Die Workshops:


    • Dein Instrument - Deine Stimme
    hannes hoelzl

    In diesem Workshop werden neue Instrumente erfunden und gebaut: aus alten Transistorradios, einer singenden Glückwunsch-Karte oder einem Kinder-Keyboard. Das Gerät wird vielleicht nicht die Klangvielfalt
    eines Steinway-Flügels haben, aber es wird eine unverwechselbare Handschrift tragen, es ist subtil und feinfühlig spielbar – und mit jeder Menge elektrisierender Energie geladen!

    Hannes Hoelzl arbeitet regelmäßig in Teams mit anderen Künstlern aus den Bereichen Jazz und Neuer Musik sowie Klang- und Medienkunst. Nach Lehrtätigkeiten in den USA, China und Norwegen ist er seit 2010 Dozent für Hybrid Sound Composition am Institut Fuer Musik Und Medien der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf.

    Präsentation am Freitag, 21.1. ab 18 Uhr
    FFT Juta, Kasernenstraße 6, 40213 Düsseldorf und
    Samstag, 22.1.2011, ab 18 Uhr
    FFT Kammerspielen, Jahnstr. 3, 40215 Düsseldorf


    • mind & matter
    jörg ritzenhoff, barbara fuchs

    Ein Haufen Schrott. Analoges Vermächtnis, Würde und Klang. Was lässt sich aus dem Müll noch machen? Virtuosität und Dilettantismus.Wieviel Spaß macht Schwanensee? Wenn du nicht tanzen kannst und Tschaikowsky hasst. Ausgehend von ihrem Stück Schrott bieten Jörg Ritzenhoff und Barbara Fuchs einen viertägigen Workshop an, der Körper und Objekte, mind & matter im Spannungsfeld zwischen Funktion und Fehler als performatives und akustisches Material entdeckt.

    Jörg Ritzenhoff, Komponist für elektro-akustische Musik, entwickelte im In- und Ausland zahlreiche Musik- und Performance-Projekte.

    Barbara Fuchs, Choreografin und Tänzerin, gründete 2003 ihr Label Tanzfuchs Produktion und ist Initiatorin des Choreografen-Netzwerks Barnes Crossing.

    Präsentation am Samstag, 22.1.2011, ab 18 Uhr
    FFT Kammerspiele, Jahnstr. 3, 40215 Düsseldorf


    mind & matter:


    „Schrott“


    Barbara Fuchs ist Tänzerin und Choreografin.
    Sie macht Musik.

    Jörg Ritzenhoff ist Musiker und Komponist.
    Er tanzt.



    Beide bewegen sich im Raum.
    Der Schrott liegt am Boden. Sie packen ihn aus, schauen ihn an, bauen ihn auf.
    Ohne zu sprechen kommunizieren sie mit Blicken.
    Sie schätzen den Raum ab. Durchmessen ihn im Gleichschritt.
    Im Schnellschritt.
    Sie verfolgen einen Plan.

    Ritzenhoff und Fuchs tanzen mit zwei weißen Federn.
    Dann sieht man Barbara Fuchs allein.
    Jörg Ritzenhoff macht Musik.
    Sie bewegt sich dazu auf dem Boden, wie in Zeitlupe, geht in den Spagat und dann ganz langsam wieder zurück.
    Eine enorme Körperbeherrschung. Eine Anspannung. Gebannt sieht man zu was da passiert.

    Ritzenhoff spielt Tschaikowski, Fuchs tut es ihm nach. Sie nehmen sich auf Tonband auf.
    Sie spannen das Band durch den Raum.
    Das Licht geht aus.
    Nur die beiden weißen Federn sind zu sehen.
    Jemand steht in der Mitte des Raumes und tanzt zu der aufgenommenen Musik.
    Es ist Ritzenhoff.


    Barbara Fuchs und Jörg Ritzenhoff tun was sie am besten können. Sind Profis.
    Beide versuchen sich im  Metier des anderen. Sind Dilettanten.
    Sie arbeiten mit Schrott. Und entlocken ihm Musik.
    In Jetztzeit.






    Barbara Fuchs (Kölner Tanztheater Preisträgerin) wurde an der Folkwang Schule Essen zur Tänzerin ausgebildet. Danach hat sie bei Projekten in Deutschland aber auch international mit verschiedenen Choreografen gearbeitet. Es seien hier mit Gudrun Lange, dem Maja Lex Tanzensemble und Ingo Reulecke nur einige genannt. Parallel dazu entstanden schon früh eigene Choreografien.  Im Jahre 2003 sammelte sie zudem umfangreiche Erfahrungen im Bereich Licht- und Bühnentechnik. Sie wirkte als Dramaturgin bei Produktionen unter anderem vom Consol Theater. Das Label tanzfuchs produktion gründete sie mit ihrem ersten Solo „durchleuchtet“. Im Jahre 2006 rief sie gemeinsam mit Ilona Pászthy, Suna Göncu, Gerda König und Dyane Neiman das Choreografen-Netzwerk Barnes Crossing ins Leben.


    Jörg Ritzenhoff ist einer der versiertesten Komponisten für zeitgenössischen Tanz in Nordrhein-Westfalen. Er studierte klassische Komposition bei Prof. Ingo Schmidt an der Hochschule für Musik in Wuppertal. Er entwickelte Musik- und Performanceprojekte unter anderem in Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle, dem Schauspielhaus Bonn, der Kulturhauptstadt Weimar, dem Westdeutschen Rundfunk und dem Deutschlandfunk Berlin.
    Internationale Koproduktionen wurden zum renommierten Festival „Fabbrica Europa“ nach Florenz und zum „Züricher Theaterspektakel“ in die Schweiz eingeladen. Vom Kölner Schauspielhaus wurde er unter anderem mit der Komposition für „der Sturm“ beauftragt.
    Er arbeitete mit Künstlern wie dem Dichter Thomas Kling und dem Musiker Frank Köllges zusammen. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit verbindet ihn mit Choreografen wie Raffaele Giovanola, Barbara Fuchs, Gudrun Lange und Helge Letonja.  




    (von Magdalena Filipiuk)
    (Fotos von Wolfgang Weimar)




    Die Projekte und ihre Künstler:



    • "licht-klang-rhizom" (RaumZeitPiraten)
    Objekt wird Klang wird Bild wird Umgebung wird Aktion. Die RaumZeitPiraten laden ein zu einer Licht-Klang-Surround-Performance-Raumschiff-Organismus-Labor-Installations-Reise nach irgendwo zwischen
    Wissenschaft und Fiktion. In performativen, synästhetischen Experimenten erforschen sie mit ihren selbst konstruierten Klang-Bild-Instrumenten gemeinsam mit den Besuchern die Flexibilität des Raum-Zeit-Kontinuums.
    http://www.raumzeitpiraten.de/

    RaumZeitPiraten:





    • Kunst und Musik mit dem Tageslichtprojektor (Christian Faubel/Tina Tonagel /Ralf Schreiber)
    Ein experimentelles Bandprojekt, in dem eigensinnige Apparate und analoge Klangmaschinen entwickelt und gebaut werden, die mithilfe von Tageslichtprojektoren immer wieder neue, vergrößerte und gefilterte Lichtbilder generieren. Alles, was man sieht und hört, bleibt dabei transparent und nachvollziehbar und ereignet sich in Echtzeit auf den Screens der Projektoren.
    http://kunstundmusik.ath.cx/

      Faubel Tonagel Schreiber:

      Die kölner Künstler Christian Faubel, Tina Tonagel und Ralf Schreiber vom Projekt „Kunst und Musik mit dem Tageslichtprojektor“


      Der Name „Kunst und Musik mit dem Tageslichtprojektor“ ist eher eine Beschreibung ihrer Tätigkeit als ein wirklicher Künstlername. Er entstand aus einem Festival, und irgendwie blieben die drei dann „auf dem Namen hängen“.
      Ralf und Tina lernten sich 1999 kennen, als sie gemeinsam ihr Studium an der KHM begannen. Später lernten sie Christian bei Workshops an der Universität kennen.
      Alle drei begannen ab 2005 den Tageslichtprojektor für Experimente mit kinetischen Objekten zu nutzen.
      Im Jahr 2007 beschlossen sie, inspiriert durch ein dänisches Overheadprojektor-Festival, eine Workshop-Woche in der Moltkerei ins Leben zu rufen, die viele internationale Künstler nach Köln zog. Im gleichen Jahr gaben sie dann, eher zufällig, ihr erstes gemeinsames Konzert, nachdem Ralf für eine Performance angefragt wurde, und Christian und Tina mit dazu einlud. Das ganze war eigentlich als einmalige Sache geplant, aber als sie nach diesem ersten Konzert häufiger gemeinsam um Performances gebeten wurden, etablierte sich nach und nach die Auftrittsform als Trio.
      Eine Performance von „Kunst und Musik mit dem Tageslichtprojektor“ kann man sich so vorstellen, dass jeder der drei seinen eigenen Projektor „bespielt“ wobei Tina häufig den mittleren Projektor verwendet, und so auch inhaltlich eine Verbindung zwischen Ralf und Christian schafft. Denn die beiden bespielen ihre Projektoren häufig mit selbst gebauten Robotern oder „solarbetriebenen Modulen“, während Tina von sich selbst sagt: „Ich spiel’ viel mehr von Hand.[…] Ich mache die Töne alle selber, und habe nur ganz wenig Teile dabei, die - mit Motoren betrieben - sich alleine drehen. Und dadurch dass ich dann konkret eingreifen kann, ist es für mich viel leichter zu sagen ‚Ok, Ralf macht grade folgenden Rhythmus, Christian macht grade was ganz anderes’, jetzt kann ich aber gezielt sagen ‚OK, jetzt hau ich dann an dem Punkt dazwischen’. Und dadurch kommt es dann zusammen.“
      Dabei existiert zwar ein grober Ablauf, an den sich alle drei halten, aber eine konkrete Partitur kann es nicht geben, da vieles auch nicht vorhersehbar ist. Christian sagt dazu: „Das kommt eben auch durch die Besonderheit, dass wir mit Autonomen Geräten spielen. Weil die machen ja auch so ein bisschen was sie wollen. Und du kannst auch nicht immer genau den selben Sound erzeugen, weil das immer auch von dem konkreten Aufbau abhängt. Und manchmal, wenn du etwas nur leicht anders positionierst, kriegst du gleich einen ganz anderen Klang.“ Aber genau das macht eben das Besondere jedes Auftrittes aus.
      Sie selbst beschreiben das, was sie tun als „Audio-Visuelle Performances“, da sie sich ungern auf ein spezielles Format festlegen wollen, um sich alle Möglichkeiten offen zu halten, auch was die Kontexte angeht, in denen sie auftreten, sei es ein Filmfest, eine Techno-Party oder das Rahmenprogramm einer Soundart-Ausstellung. Aber sie bezeichnen sich bewusst nicht als Musiker, sondern ordnen sich eher im Bereich des „Noise“ ein. Ralf: „Das ist eigentlich Punk-Musik, die wir machen – von der Haltung her. Die Punks die haben ja gesagt ‚Musik kommt nicht von „können“, sondern von „wollen“’ Und da entsteht dann natürlich auch was ganz anderes. Da ist dann sehr viel von dieser grundlegenden Idee drin, wo man eher für etwas wirbt im Sinne von ‚Ihr sollt mal machen!’“
      Dabei füllt die Kunst mit dem Tageslichtprojektor eine Lücke. Bisher befassen sich wenige mit dieser Art von „real-time visuals“, was eventuell auch an dem verhältnismäßig hohen Aufwand liegt, der mit dieser Art der Kunst verbunden ist.
      Der Tageslichtprojektor gilt zwar als Office-Tool inzwischen veraltet, bietet aber für die Projektion und Manipulation deutlich mehr Möglichkeiten als beispielsweise ein Beamer. Die Größe der Fläche ist Ideal um auch etwas aufwändigere Aufbauten zu machen, oder wie Ralf sagt: „Es passen genau zwei Hände drauf“. Außerdem kann man auf der Glasfläche einfach Dinge abstellen und muss sie nicht mühsam in die Lichtquelle halten um eine Projektion zu erreichen. Dazu kommt natürlich, dass die Projektoren inzwischen wesentlich erschwinglicher sind, als früher, als sie im Business-Bereich noch das häufigste Projektionsgerät waren. Aber auch auf der Metaebene wird schnell klar, warum der Tageslichtprojektor für die drei Künstler das Mittel der Wahl ist: Der Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit sind analoge Kleingeräte und analoge Musik - der Tageslichtprojektor ist „die Korrespondenz dazu“. Insgesamt liegt den dreien die Technik zum Anfassen viel eher, als seelenlose Computervisualisierungen, auch wenn Ralf einige Vorteile der digitalen Computertechnik durchaus zu schätzen weiß, wie beispielsweise den Farbumkehreffekt, den er irgendwann auch für den Tageslichtprojektor umsetzen will.
      Elementar wichtig für ihre Arbeit ist die offensichtliche Machbarkeit, die auch an den Zuschauer vermittelt werden soll. “Da ist jetzt keine Black Box drum herum, irgendeine Wunderkiste, sondern es ist immer sichtbar wo das eigentlich herkommt. Und ich finde, dass macht es reizvoll.“ (Christian)
      Die Vermittlung allgemein ist ein Zentraler Punkt in all ihrem künstlerischen Schaffen. Die Wurzeln ihrer Zusammenarbeit liegen in Workshops und im Teilen von Ideen und Inspiration. Dem bleiben sie auch treu, indem sie weiterhin Workshops geben, und andere immer dazu ermutigen, sich selbst am Tageslichtprojektor zu versuchen – ohne dabei allzu große Angst vor zukünftiger Konkurrenz zu haben.
      In dieser Form treten sie zu zweit oder zu dritt auf, nebenbei haben sie ihre Soloprojekte. Irgendwann sind für sie auch Jam-Sessions denkbar, aber momentan möchten sie sich lieber noch auf diese Konstellation beschränken.
      Interface sehen die drei als Chance um gemeinsam neues Material zu entwickeln. Häufig treffen sie sich erst kurz vor ihren Auftritten, und zeigen sich dann, was sie in der Zwischenzeit getrennt von einander entwickelt haben. Ein fester gesetzter Rahmen, wie bei Interface, bietet daher eine ideale Möglichkeit, um ihre Zusammenarbeit zu vertiefen.
      Längerfristig ist dabei das Ziel, ihre Projektoren mobil zu machen, beispielsweise durch Batteriebetrieb, um auch im Stadtraum performen zu können, oder als „Straßenmusiker“ auftreten zu können. Hier knüpfen sie an die Tradition von Schaustellern an, die auf Jahrmärkten und Volksfesten mit technischen Geräten wie der „Laterna Magica“ die Leute unterhielten. Auf diese Weise können Sie  auch Publikum ansprechen, das sonst wenig Kontakt zu Klangkunst hat.
      Denn wie Tina sagt: „Wir wollen unsere Zuschauer glücklich machen, und dadurch die Welt verbessern“


      (von Jana Horn)



      • "Intim(e)" (Yi-Ling Lam/Matthias Conrady/Lia Sudermann/Tessa Langhans)
      Die sonst für den Besucher verborgenen Räume der FFT Kammerspiele werden zu Bühnen, Instrumenten und Artefakten. Intime Momente werden hör- und sichtbar gemacht in einer Gleichzeitigkeit von Performance und Installation.
      http://cynik.de

        Yi-Ling und Compagnons:



        Intim(e) ist ein stationäres Musiktheater mit Performance und Installationen in
        verschiedenen Backstageräumen des Theaters.





        "Mit unserem Atem, Stimme und Körper gehen wir der Frage nach, was Intimität für uns bedeutet. 
        Wir inszenieren und werden Teil der Inszenierung. Auch die sonst für den Zuschauer verborgenen Räume des Theaters werden zu Bühnen, zu Instrumenten und zu Artefakten. 
        Indem wir intime Momente hör- und sichtbar machen und uns den Raum aneignen, öffnen wir ihn für andere Menschen. 
        Es gibt eine Gleichzeitigkeit von Performance und Installation. In ihren verschiedenen Medien haben die Installationen ihrerseits ein unterschiedliches Verhältnis zur Zeit."




        Seit 2009 studiert die Gruppe  an der Kunsthochschule für Medien in Köln. 
        Yi-Ling Lam, geboren 1982, hat den Focus auf SoundArt, Performance mit  Klavier, Live-Elektronik und Tanz. 
        Lia Sudermann, geboren 1985, studiert mit dem Schwerpunkt Filmkunst. 
        Matthias Conrady, geboren 1988, beschäftigt sich mit Comic und Spielfilm. 
        Tessa Langhans, geboren 1989, ist im Bereich Fotografie, Dokumentar- und  Spielfilmregie tätig.



        • "Treppenhausmusik" (gruppe netzwerkstatt)
        Die Treppenhausmusik ist eine multimediale, ortsbezogene Sound-Performance, in der die fünf Mitglieder der Gruppe, verteilt auf einzelne Stockwerke, das gesamte Treppenhaus des FFT Juta bespielen. Unter Verwendung verschiedenster Mittel der Klangerzeugung und deren Vernetzung via Skype entsteht in freier Improvisation und im Zusammenspiel mit den akustischen, architektonischen und sozialräumlichen Qualitäten des Treppenhauses eine Musik für und mit dem Ort.

        gruppe netzwerkstatt:
        http://www.youtube.com/watch?v=Qzxl57QvvvU

        (von Iva Ateljevic)






        • "Piezo-Skin" (Peter Thoma)
        Piezo-Skin ist ein Vollkörper-Anzug mit eingenähten Piezofolien. Die Folien funktionieren wie großflächige, druckempfindliche Mikrofone auf der Haut. Seinem Träger soll ermöglicht werden, durch Trommeln, Reiben, Laufen oder ähnliches auf und mit dem eigenen Körper Klänge zu erzeugen. Mit einer Software werden die Klänge analysiert, gefiltert und in ihrem Charakter verändert.

        Peter Thoma:
        Piezo-Skin

        Peter Thoma studiert an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf.
        Seine Leidenschaften sind Technik und Musik. Beide verbindet er in seinem Projekt „Piezo-Skin“
        – einem Anzug, der Resonanz umwandelt in perkussive Töne verschiedener Instrumente.

        „Musik mache ich seit ich denken kann. Ich bin in München geboren und in Usingen aufgewachsen. Dort habe ich eine Schule besucht mit besonderer musikalischer Förderung. Während der gesamten Schulzeit war ich in der Arbeitsgemeinschaft für Blechbläser und in der für Theater. Ich spiele Trompete und mache experimentelle Musik. 

        Mein Vater hat meinen Zwillingsbruder und mich immer zum selbstständigen Umgang mit Technik animiert.
        Ich liebte LEGO und Fischertechnik.
        Mit sechs Jahren habe ich einen Lötkolben geschenkt bekommen und bin damit abends eingeschlafen.

        Später habe ich alte Handys von Freunden gesammelt und daraus neue gemacht. Als ich 17 war habe ich meinen ersten Roboter gebaut, der war voll funktionstüchtig und reagierte auf Licht. Kunst, die sich nicht bewegt ist nichts für mich.

        Es interessiert mich wie die Dinge funktionieren, eingreifen zu können in den Prozess.
        Ich möchte ein Gefühl für den Ablauf, für die Form, die Art und Weise wie es geht.
        Früher habe ich deshalb Ingenieurwesen studiert und neben dem Studium bei einem Elektriker gearbeitet.

        Ich habe mich oft gefragt, wie es wäre auf Dingen Musik zu machen, die eigentlich nicht dazu bestimmt sind. Perkussive Laute könnten dann von einem Programm übertragen werden und so verschiedene Instrumente wiedergeben. Ich habe das Piezo-Skin entwickelt - einen Anzug der eigens dazu gemacht ist Töne umzuwandeln. So bediene ich unterschiedliche perkussive Instrumente und es klingt, als ob ich mit mehreren Leuten zusammen spiele.

        Auf der Bühne stehe ich ganz allein.

        Die Energie und die Klänge fließen über meinen Anzug.

        Alles was mir in den Sinn kommt, kann ich umsetzten. Sofort.

        Der Initiator und der Resonanzkörper bin ich selbst.“


         (von Magdalena Filipiuk)


        • "versaturum in motu" (Lilian Beidler)
        Die Klänge in dieser installativen Komposition kleben aneinander, können nicht ohne einander existieren, besetzen ihre genauen Plätze, steuern Geschwindigkeit und Bewegung, forcieren die Drehung, lösen sich gegenseitig aus, beeinflussen oder bekämpfen sich und formen doch alle zusammen ein Ganzes, das ohne jeden einzelnen nicht existent wäre.
        www.loul.ch

          Lilian Beidler:

          1. Was ist Musik für dich? Wie würdest du Musik definieren?

          Musik entsteht durch die Fähigkeit zu hören. Sie ist die Fähigkeit, akustische Ereignisse in der Zeit einzuordnen. Sie ist eine Sprache. Sie ist sowohl intellektuell wie auch physisch und emotional erfahrbar. Sie ist ein Medium, das die Welt mit seinen spezifischen Eigenheiten beleuchtet. Eine Umsetzung von physischen zu geistigen Schwingungen.


          2. Was hältst du von der Aussage: Kunst kommt von Können?

          Das Können erhöht vielleicht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Kunst. Kunst aber geschieht immer dazwischen.


          3. Inwiefern unterscheidet sich für dich eine Installation von einer
          Performance?
          Eine Performance ist zeitlich begrenzt, eine Aufführung mit Anfang und Ende. Eine Installation ist eher vergleichbar mit einem Bild: Es wird aufgehängt und kann betrachtet werden. In der Praxis sind diese Begriffe aber oft nicht so klar trennbar. Mich fasziniert es, die beiden Formen zu mischen.


          4. Auf deiner Homepage steht, dass du schon früh musiziert und komponiert hast und viele Instrumente gelernt hast. Kommst du aus einer musischen Familie und hat sie dich unterstützt?

          Meine Mutter ist Sängerin, mein Bruder studiert E-Gitarre an der Jazzschule, mein Vater hört zu. Ich war von Kind an von Musik umgeben und kann mich nicht erinnern, wann ich zum ersten Mal ein Instrument gespielt habe - sicher im Kleinkindalter. Meine Familie hat mich nach Möglichkeit immer unterstützt.


          5. Wie kamst du von den eher klassischen Instrumenten zu den
          Klanginstallationen?

          Ich habe bereits als Kind gerne gebastelt und gebaut, etwas fabriziert, das Bestand hat, ein Objekt, das man sehen und anfassen kann, Arbeit an einem physischen Material, Handwerk. Das fasziniert mich bis heute. Vielleicht wächst dieses Bedürfnis danach, etwas Fassbares zu schaffen auch als Gegenstück zur gespielten Musik, die immer an einen zeitlichen Ablauf gebunden ist und von Moment zu Moment verrinnt.


          6. Deine Musikstücke sind ja sehr Jazz-lastig. Ist das auch die Musik, die du favorisierst?

          Jazz-lastig? Wie kommst du darauf? – Ich hatte ein paar Jahre Jazz-Gitarren-Unterricht und habe während des Masterstudiums im Minor Jazz Composition/Arrangement und E-Bass belegt. Es macht mir grosse Freude nach klaren Regeln zu arrangieren und zu komponieren. Zudem geht es beim Üben und Spielen eines klassischen Instruments auch um Technik, also eigentlich um Fingerfertigkeit und das hat so was Sportives, schon fast Kompetitives. Dies vermisse ich manchmal bei der elektronischen Musik: Dass es noch kaum neue Instrumente / Interfaces gibt, die sich so weit entwickelt und standardisiert haben, dass es routinierte Interpreten dafür gäbe. Die Komponisten-Interpreten-Rolle hat sich vermischt. Einerseits bringt das sicher neue Wege, andererseits geht auch eine gewisse Professionalität verloren.
          Am Jazz gefällt mir der energetische Sog, der durch den Groove und das Phrasing entsteht, wie auch der intellektuelle Ansatz im Aufbau dieses Musikstils. – Grundsätzlich finde ich aber die gängige Einteilung in Musikstile schwierig. Ich würde andere Kategorien vorschlagen, zum Beispiel: komplex oder sexy oder blumig oder plump ...


          7. Ab wann war dir bewusst, dass du mit Musik/Kunst arbeiten wolltest?

          Musik war immer etwas vom Wichtigsten in meinem Leben. Als ich nach der Matura während mehreren Jahren auf Reisen war, hatte ich immer eine Gitarre dabei. Die Entscheidung mit Musik und Kunst zu arbeiten, habe ich aber nie so bewusst gefällt. Ich hatte lange Zeit das Gefühl, dass ich auch als Diplomatin oder Tierärztin glücklich geworden wäre.


          8. Bist du erst durch das Studium zu dieser Art von Musikinterpretationen gelangt?

          Ja, ich denke schon. Während des Studiums habe ich meine Fähigkeit zu hören erweitert.


          9. Würdest du dich eher als Musikerin oder Künstlerin beschreiben?

          Für mich gibt es keinen Unterschied. Ich nenne mich nach Lust und Laune einmal so oder so.

          10. Vor deinem Studium bist du viel gereist, hat dich das inspiriert, oder in deiner Entwicklung weiter gebracht?

          Als ich mit dem Studium anfing, war das ein grosser Einschnitt in meinem Leben. Nach dem ersten Studienjahr bin ich richtig erschrocken darüber, wie stark ich in die Materie des Studiums eingetaucht war und sich mein Leben so verändert hatte. Ich habe die ganze Leidenschaft, die ich vorher ins Reisen gesteckt hatte, nun ins Studium investiert. Vielleicht auch eine Art zu reisen? – Ich weiss nicht, inwiefern mich das Reisen beeinflusst hat. Ich kenne Leute, die ihr Land nie verlassen haben und trotzdem jedem Weltenbummler an Weitsicht und Güte überlegen sind und umgekehrt Spiesser, die den Planet umrunden.
          Meine Reisen haben mich vor allem immer wieder davon überzeugt, wie privilegiert ich mit einem Schweizerpass bin und wie eng Sprache mit Identität zusammenhängt.


          11. Welchen Ort würdest du noch gerne bereisen?

          Einen? ;-) Alle, wo ich noch nicht war.
          Zum Beispiel: Woodstock 1969, Mississippi Delta in den 1910er Jahren, Salzburg um 1774, Leipzig um 1725, Südamerika, Afrika, Indien und Südostasien vor der Kolonisation, Rom um 753 v.u.Z., uvm.
          Ich hatte nie eine Präferenz für ein bestimmtes Land, aber irgendwo musste ich ja anfangen. Wenn ich ein Land besuche, möchte ich auch die Sprache können und das braucht etwas Zeit.


          12. Wie gehst du mit negativer Kritik oder Unverständnis deiner Kunst um?

          Jede differenzierte Kritik ist für mich interessant, da sie der Anfang eines Dialoges sein kann und ich somit erfahre, wie mein Werk rezipiert wird. Natürlich ist es schön, wenn es mir gelingt, das Augenmerk auf eine Hauptaussage meines Werkes zu lenken, so, dass klar wird, worauf ich mich bei meiner Arbeit konzentriert habe. Aber ich will keine perfekte Kunst machen. Oft sind es gerade die Ungereimtheiten oder Unklarheiten, die Neues entstehen lassen.
          Da es für meine Arbeiten noch kaum bestehende Kategorien gibt, werden meine Installationen und Performances in verschiedenen Kontexten gezeigt und folglich auch verschieden interpretiert. „pol air – Föhnorchester“ beispielsweise habe ich sowohl an Klang-  und Hörkunst-Festivals wie auch an Theater-Festivals gezeigt. Bereits während der Aufführung konnte ich auf der Bühne spüren, dass das Publikum jeweils anders reagiert. Und im Gespräch mit den ZuhörerInnen ist es für mich spannend ihre Assoziationen und Interpretationen zu erfahren. Somit entdecke ich meine eigene Arbeit neu.
          Als Komponistin fällt es mir sehr schwer, mich von meiner Arbeit zu distanzieren, da ich sie so stark mit dem Entstehungsprozess verbinde. Differenzierte Kritik verbessert meine Professionalität: Sie hilft mir, meine Arbeit einzuordnen und so beispielsweise Zielgruppen-orientierter zu arbeiten. In diesem Sinne erwarte ich nicht grundsätzlich, dass alle meine Werke immer von allen verstanden werden.


          13. In welchen Situationen kommen dir die besten Ideen?

          Wenn ich das wüsste! - Klar kann ich die richtigen Umstände schaffen und den künstlerischen Prozess durch Beschäftigung mit einem Thema forcieren. Aber es ist ein wenig wie beim Üben eines Instrumentes:  Ich übe ein Motivwährend einer Stunde und kann es nicht. Und nach einer Pausespiele ich es plötzlich fehlerfrei. So ähnlich ist es mit der Entwicklung von Ideen: Ich kann lange darüber nachdenken und der zündende Gedanke stellt sich dann an den komischsten Orten und Zeiten ein, wenn ich gar nicht damit rechne.
          Eine gute Idee ist abhängig von sehr vielen verschiedenen Faktoren. Eine Idee ist für mich gut, wenn sie mich packt und ich Lust habe, daran zu arbeiten. Wenn dieser Zustand nicht eintritt, kann ich auch mit der besten Idee nichts anfangen. Eine Idee ist ja meistens der Anfang von einem langen Prozess und dafür braucht es eine Zündung: die gute Idee.


          14. Welche Aspekte müssen deine Installationen erfüllen, dass du mit dem Ergebnis zufrieden bist?

          Das ist abhängig von der jeweiligen Arbeit. Wenn ich für oder mit anderen Leuten arbeite, ist es ein wenig einfacher, Entscheidungen zu fällen. In einem Team kann man sich den Ball gegenseitig zuspielen, kommt schneller auf mehr Ideen und hat nicht die alleinige Verantwortung bei Entscheidungen.
          Wenn ich alleine arbeite, brauche ich oft sehr viel Zeit, um mich mit mir selber auf etwas zu einigen. In einem späteren Stadium der Arbeit kann ich mich dann von meinem Werk inspirieren und leiten lassen. Die Idee weist mir dann den Weg und macht mir inhaltliche oder formelle Vorgaben.
          Eine gewisse Zufriedenheit erreiche ich, wenn meine Arbeit ein Stadium erreicht hat, in dem ich sie jemand anderem zeigen will. Zufrieden macht mich also eigentlich der Prozess von der Idee zur Ausführung.


          15. Hast du Vorbilder, wenn ja welche?

          Die Lebenshaltung meiner kürzlich verstorbenen Grossmutter ist mir ein Vorbild: ihre Zufriedenheit, Genügsamkeit und Zuversicht.


          16. Arbeitest du neben deinen Installationen noch, wenn ja was?

          Ich arbeite zur Zeit an verschiedenen Projekten und Aufträgen. Im September/Oktober 2010 habe ich Theatermusik gemacht für ein Solo-Projekt einer Tänzerin / Choreographin in der Roten Fabrik in Zürich. Im Moment laufen gerade zwei Ausstellungen, in denen eine Arbeit von dem Medienkünstlerinnen-Duo „île flottante“ gezeigt wird, wofür ich die Klangkomposition gemacht habe. Bis nächstes Jahr läuft ein Kinderprojekt mit einer Schulklasse von Elfjährigen, mit denen wir ein Musik und Medienkunst Stück einstudieren, das im Rahmen eines Konzertes des Sinfonieorchester Basels aufgeführt wird. Nächstes Jahr mache ich Musik zu einem Bewegungsstück und vielleicht noch mehr im Theaterbereich. Von Zeit zu Zeit arbeite ich auch als Mischerin und Sounddesignerin, meist im experimentellen Musikbereich.


          17. Denkst du, dass du irgendwann noch etwas ganz anderes machen wirst?

          Den Gedanken, Astrophysikerin oder Diplomatin zu werden, gibt es. Und doch weiss ich nicht, ob ich die Leidenschaft, die ich für meinen jetzigen Beruf aufbringe, so einfach übertragen könnte.


          18. Und natürlich: Was hast du vor im FFT vorzuführen/zu installieren?

          Das wird eine Überraschung – auch für mich!

          Lilian Beidler 1.12.2010


          (von Chantal Heimann Trosien)