Richard Eigner

Dieses Porträt lebt! 
Während andere Vorstellungen der Künstler hier in ihrer vollendeten Form zu finden sind, wird sich diese Seite immer wieder mit neuen Antworten des E-Mailwechsels aktualisieren:





Datum: 13.Dez.2011 – 23:45Uhr
Von: Magdalena Stamm
An: Richard Eigner
Betreff: Interface II

Guten Abend Herr Eigner,

sie haben es geschafft. Sie sind einer von vielen Bewerbern, welcher einen Platz bei der Werkstattreihe Interface II im Januar 2012 bekommen hat. Ihre Installation heißt "Denoising - Die Entlärmung des Lärms". Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Ich würde mich sehr um baldige Antwort freuen.

Magdalena Stamm



Datum: 14.Dez.2011 – 19:07Uhr
Von: Richard Eigner
An: Magdalena Stamm
Betreff: Re: Interface II

Sehr geehrte Magdalena Stamm,

Bei meiner Installation setzte ich spezialisierte Möglichkeiten der Tontechnik entgegen ihrem erdachten Zweck ein. Methoden des Denoisings wurden ursprünglich entwickelt um unerwünschte Klänge wie etwa das Knarzen eines Stuhls aus einer musikalischen Aufnahme zu entfernen oder bei forensischen Untersuchungen die Sprachverständlichkeit von Lauschangriff-Recordings wiederherzustellen. Die Installation wird folgendermaßen aussehen: zwei empfindliche Mikrofone werden auf eine an das Forum Freies Theater angrenzende Straße gerichtet. Die Klanglandschaft um das Gebäude wird aufgefangen und an einen Computer übertragen, auf dem sich Denoising-Software befindet, die die Klänge fortwährend in Echtzeit vom "Lärm" befreit. Das Publikum der Installation hört letzendlich ein fiktionales "entlärmtes" Soundscape.




Datum: 17.Dez.2011 – 13:34Uhr
Von: Magdalena Stamm
An: Richard Eigner
Betreff: Denoising


Hallo Herr Eigner,

das klingt sehr vielversprechend. Besonders spannend find ich den Aspekt der
Ungewissheit - das endgültige Produkt ist ja bisher nicht abzusehen. Sind sie
manchmal selbst überrascht welche Klangerlebnisse durch Ihre Installationen
entstehen?

Herzliche Grüße, Magdalena Stamm



Datum: 19.Dez.2011 – 21:50Uhr
Von: Richard Eigner
An: Magdalena Stamm
Betreff: Re: Denoising


Sehr geehrte Magdalena Stamm,

In der Tat, das Ergebnis der Denoising-Installationen ist immer
ortsgebunden und experimentell. Der Ausgang ist ungewiss und es schwingt
auch immer die Gefahr mit, dass die hörbaren Resultate ohne Erklärung für
manche Ohren wenig spektakulär sind. Eine Gemeinsamkeit gibt es jedoch bei
allen Installationen: da die Einstellungen des Denoisers sehr extrem sind,
treten sinusartige Audioartefakte zum Vorschein, die über das gesamte
Frequenzspektrum verteilt sind und von den aufgenommen Klängen moduliert
werden. Vorbeifahrende Autos beginnen so plötzlich zu
singen.
Lustigerweise wird dies in der Tontechnik als
Musical Noise bezeichnet.

Mit lieben Grüßen,
Richard Eigner




Datum: 19.Dez.2011 – 22:37Uhr
Von: Magdalena Stamm
An: Richard Eigner
Betreff: Technik?


Guten Abend Herr Eigner,

ich muss leider zugeben das ich mit dieser Art von Technik überhaupt nicht
auskenne. Das mit dem "Entlärmen" habe ich verstanden, was aber genau sind
"sinusartige Audioartefakte"? Eine weitere Frage die mich sehr interessiert ist,
wie Sie zu dieser Art von Kunst gekommen sind? Woher kommt Ihre Begeisterung
dafür?

Verzeihung für meine technische Unwissenheit und noch einen schönen Abend:)

Magdalena Stamm


Datum: 19.Dez.2011 – 23:36Uhr
Von: Richard Eigner
An: Magdalena Stamm
Betreff: Re: Technik?


Liebe Magdalena Stamm,

Ein Artefakt ist in diesem Fall eine Audiostörung. Sinusartig heißt, dass
diese Klänge sich aus einzelnen Sinustönen zusammensetzen. Fast alle
neueren Denoiser arbeiten mit Fast Fourier Transformationen. Vereinfacht
gesagt wird bei einer FFT Transformation das Spektrum eines Klangs
analysiert und anschließend von einer Vielzahl von Sinustönen
nachgebildet. Die Denoiser haben dabei noch jeweils unterschiedliche
Algorithmen, die entscheiden welcher Anteil des Klangs als unerwünscht

und damit als
Lärm intepretiert wird. Dieser störende Sound wird dann
herausgefiltert. Durch meine extremen Einstellungen und der Konfrontation
mit Field Recordings sind die Denoiser teilweise mit fast unmöglichen
Aufgaben beschäftigt.
Auf die Idee bin ich ursprünglich bei einem Audio Postproduktionskurs
gekommen. Ein Dozent hat uns eine sehr teure Denoising-Hardware vorgeführt
und ich habe mich gleich als erstes gefragt:
Was entsteht wenn ich Noise
Musik denoise? Im Idealfall etwa Stille?
Die Idee lies mich nicht los und
ich habe dann mit den ersten Experimenten begonnen und festgstellt, dass
dabei wahnsinnig spannende Resultate entstehen. Einer meiner Favoriten war
dabei die Entrauschung von Lou Reeds Noise Orgie
Metal Machine Music.
Das Stück verwandelte sich nach der Bearbeitung zu fast esoterisch
anmutenden Melodien.


Alles Liebe,
Richard Eigner